Auch wenn man den Valentinstag nicht besonders leiden kann, versucht man doch, wenn man sich gerade weit weg von seinen Lieben befindet, etwas Heimat in den Abend zu stopfen. Deshalb bin ich gestern mal nicht ausgegangen, deshalb hab ich den Abend nicht mit irgendeiner Serie verbracht. Deshalb habe ich mir einen Film gesucht, den ich lange nicht mehr gesehen habe und der viel Unterhaltung und ein bisschen Romantik versprach. Also habe ich zu Spider-Man 3 gegriffen und mir damit gründlich den Abend versaut. Ich weiß nicht mehr, was ich damals nach dem Kino gedacht habe und ich bin auch nicht sicher, ob durch den Spider-Man-Reload und andere grandiose Comicverfilmungen aus den letzten Jahren meine Ansprüche zu hoch waren, aber Spidey, ich widme dir hiermit:

10 Dinge, die ich an dir hasse:

1. Emo Parker

Ich kann mit gut vorstellen, dass es schwer ist, einen Peter Parker im Kampf zwischen gut und böse dazustellen, wenn man es gewohnt ist, zwei Filme lang der Gute zu sein und nun plötzlich das Gegenteil spielen muss, aber wann ist Tobey Maguire ein so schlechter Schauspieler geworden? Warum muss Spidey tanzend durch die Straßen laufen? Warum färben sich seine Haare schwarz und muss man diese in schmalzige Strähnen gelen, nur weil man angepisst ist? Das und noch viel mehr macht die Figur des Black-Spideys unglaublich lächerlich. Ich möchte gerne vor Rührung weinen, aber ich tue es aus Fremdschahm und vor Lachen.

2. Viel Emotion, ganz ohnen Emotionen

Der Streifen schüttelt mich von einer Beziehung in die andere. Peter hat Probleme mit MJ, Harry, Eddie Brock, Tante May, Flint, J. Jameson usw. Dazu kommt noch, dass er sich selber nicht leiden kann. ABER: nicht nur er hat Probleme mit all denen, nein, diese machen sich auch noch gegenseitig das Leben schwer oder versuchen es sich plump zu versüßen. All das wird ständig gezeigt, doch nie gespielt. Viele der Schauspieler bringen gar kein Gefühl mit sich. Schon in der englischen Version ist das schwer zu ertragen, doch die deutsche Synchro gibt einem dann das Gefühl “Barbie im Land der Tränen – in 3D” zu schauen. Nachts halb eins auf SuperRTL. Das brauch ich nicht.

3. unglaublich viele Handlungsstränge

Viele Handlungsstränge können einen Film interessant machen, wenn man zum Beispiel einen Tarantino schaut. Hier verwirrt das ganze jedoch, da die Handlungsstränge so gar nicht miteinander zu tun haben. Zu allem Übel führt das dann auch noch zu Punkt 4:

4. Hier Feinde, da Feinde, überall Feinde

Der Arme Peter “Spidey” Parker: Sandman macht ihm das Leben zur Hölle, Harry hasst ihn auch (ab und an, dazu aber später), sein dunkles Selbst bedrängt ihn, Brock will ihn ruinieren, der Job ist doof und sogar eine Nebenrolle (sein Vermieter) ist stellenweise ein Ar***. Der gewohnte Comic-Fan will eine Figur zum hassen, das ist schon mal klar. Jeder Zuschauer braucht einen, der sofort unsympathisch ist. Damit meine ich nicht, dass ich in den ersten 5 Minuten wissen will, wer hier der Böse ist, aber was soll ich mit so vielen Gegnern? Ich konnte mich gar nicht entscheiden, wen ich am dümmsten finden soll. Zum Schluss habe ich einfach begonnen, Spidey zu hassen. Darauf konnte ich mich wenigstens konzentrieren.

5. Was ist denn da mit Harry los?

Der arme James Franco. Da bekommt er einen Charakter, der endlich mal (nach 2 Filmen) ins Rampenlicht darf – und dann? Wird er von den Autoren hin und her geschupst. Harry ist zum Tennisball der Comic-Welt geworden. Erst böse, dann gut, dann wieder böse, dann wieder gut und zum Schluss auch noch tot. Einzig gute Momente der Figur: Wenn Harry sich an seinen Vater erinnert und mit dem Spiegel spricht, spielt zum ersten Mal etwas wahre Emotion in diesem Groschenroman mit.

6. Zu viele Comics gelesen?

Ich mag es total, wenn man in Comic-Filmen etwas wiedererkennt, das man schon mal in den kleinen, bunten Kästchen im Heft gesehen hat. Aber warum hat man in diesem Film versucht, Comicbilder nachzustellen, die jeder Leser überblättert. Hier wäre z.B. ein Kameraschwenk von Peters Gesicht in den Himmel, der sich, mit einem Kirchenkreuz im Vordergrund, verdunkelt. WHAT? Oder die Szene, in der Spidey seinen rot-blauen Anzug wieder herausholt. Diese Szene ist einfach mitten ins nichts geschnitten und komplett aus dem Zusammenhang, wie eine lose Seite, die jemand als Lesezeichen verwendet, die aber gar nicht ins Buch gehört. Ach ja, musste Spidey kurz vorm Finale ca. 5 Sekunden vor einer animierten Flagge der USA stehen bleiben? Und wenn man solche Close-Up-Szenen dreht und bedeutungsvoll auf einen Gegenstand zoomt, wie auf den Koffer mit Spideys schwarzem Anzug darin, kann man da nicht wenigstens die Kamera zentrieren? Heutzutage kann jeder 10-Jährige mit seinem iPhone bessere und stabilere Aufnahmen drehen. Ich will nicht wissen, dass der Kameramann gestolpert ist, wenn ich gerade in eine Fantasiewelt eintauchen will. Das alles kommt so kitschig und gestellt, da wirkt stellenweise die 70er Jahre Spider-Man-Serie romantischer.

7. Knall – Puff – Peng

Gerne würde ich mich hier über zu viel Action aufregen, die hat mir jedoch eher gefehlt. Mit Knall-Puff-Peng meine ich eher, dass die Waffen, die im Film vorkommen, manchmal so lächerlich sind. Was genau packt Harry, der neue Kobold, da für ein dämliches Laser-Metall-Schwert aus? Diese Waffe wäre sogar für George Lucas zu doof. Dazu kommen die Kürbis-Granaten. An sich eine tolle Waffe, aber ich wüsste gerne, warum die erste eine Detonation von ca. einem Meter Umfang verursacht, die zweite dem Sandman den halben Kopf wegfetzt und die dritte zusammen mit Venom fast ein ganzes Hochhaus in die Luft jagt? Ich verlange ja gar keinen Realismus, aber ein bisschen Liebe zum Detail wäre schon schön gewesen.

8. Nein – doch – oh!

Kennt ihr Louis de Funes? Seine manchmal saudummen Dialoge, über die man noch 10 Minuten später lachen musste? Er hätte mir Sicherheit ein besseres Dialogbuch geschrieben, als derjenige, der hier für Spider-Man ran musste. Wenn die Musik leise wird, dann hatte das ganze was von Rosamunde Pilcher, wurde sie lauter, klang es so, als hätte John McClane (“Yippie Yah Yei Schweinebacke!”) seine Finger im Spiel gehabt. Kurz vor Schluss wird dann die Kotzgrenze erreicht. In der finalen Schlacht stehen zwei Jungs im Publikum. In der deutschen Synchro sagen diese: “Krasses Ding!” “Korrekte Aktion!”

Ach ja? Hat man 2007 so gesprochen? Ich kann mich gar nicht erinnern. Naja, Krasses Ding eben!

9. Der Herr der Spinnen

Ist euch eigentlich aufgefallen, dass 10 Kritikpunkte eine ganze Menge sind? Ihr lest jetzt bestimmt auch schon seit 20 Minuten mein Geseiere. Das ist allerdings gar nichts, gegen das, was ich gerade  durchgestanden habe. Hallo? Fast 140 Minuten? Und das ganz ohne richtige Story. Wenn sie wenigstens über zwei Stunden irgendwas in die Luft gejagt hätten, dann hätte ich mich über die Effekte freuen können. Aber nein, ich musste mich ja 2 Stunden lang ärgern. Ihr solltet in den zwei Stunden lieber nebenbei eure Steuererklärung machen, oder ein Haus bauen, oder mal wieder die Wohnung putzen. Egal, sucht euch eine Nebenbeschäftigung, falls ihr die DVD nicht nach diesem Artikel weg geschmissen habt.

10. Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? NEIN, ES IST EIN BAUFAHRZEUG! Was?

Okay, der Endkampf ist echt cool und es macht Spaß, ihm zu folgen. Oder es könnte Spaß machen, wenn da nicht diese eine doofe Nummer wäre. Also, von Anfang an: Venom kidnappt MJ und bindet sie in einem Taxi an einen Wolkenkratzer. Coole Idee! Da es eine Baustelle ist, gibt es auch überall genug Sand für Sandman und eine Menge Metall für die Auflösung. Venom bastelt also ein riesiges, schwarzes Spinnennetz und klebt das Taxi darin fest. Spidey kommt zur Rettung. Und was geschieht dann? Eine neue Gefahr tritt auf. Vorher vollkommen unsichtbar taucht plötzlich mitten im Netz, hunderte von Metern über dem Boden, ein Baustellen-Truck auf und verliert Steine, die Mary Jane den Kopf zertrümmern könnten. Wo kam das Ding her. Hat Venom das zur Deko ins Netz gehangen, oder brauchten die Autoren einfach noch einen Spannungsmoment um den Film auf über 2 unerträgliche Stunden zu zerren? Naja, wie gewohnt wird die Gefahr dann auch noch zu Gunst und Spidey würde uns heute gar nicht mehr retten können, wenn der Truck nicht von Harry Potter ins Netz gezaubert worden wäre. Schon klar!

Puh… das war’ne Menge Holz. Das muss man erstmal verarbeiten. Vorher aber noch kurz in aller Kürze die paar tollen Momente des mittlerweile 6 Jahre alten Streifen. Quasi zur Ehrenrettung:

  1. Die Effekte sind für das Alter der Hammer. Manches sieht so realistisch aus. Meine Highlights: Sandman Auferstehung aus der Kiesgrube und Brocks Verwandlungen in Venom. Wahnsinn!
  2. Brock spielt überhaupt gut. Also zumindest als Venom ist er fabelhaft.
  3. Echte Emotionen bringt auch die Figur des Flint Marko. Allerdings hätte ich gerne gewusst, was aus seiner Tochter wurde, nachdem er vom Winde verweht wurde. Die 5 Minuten Story hätten den Film sicher aufgewertet.
  4. Harry Osborn ist stellenweise unglaublich sympathisch und wird von James Franco toll gespielt. Dieser grandiose Schauspieler kann absolut nichts dafür, dass seine Figur stellenweise so versaut wurde.
  5. Zwei Sonderauftritte haben mir den Film zu guter letzt noch versüßt. Danke, dass Willem Dafoe nochmal kurz den Norman Osborn spielen durfte. Er hatte nur ca. 3 Sätze und konnte dennoch zeigen, was für ein markanter Schauspieler er ist. Dazu kommt Comic-Gott Stan Lee. Er war es, der ganz allein einst an einen Superhelden glaubte, der von Teenager-Problemen geplagt wird und somit Spider-Man erschuf. Daher bin ich dankbar für seine paar Worte während seines Cameos, er glaube, dass ein Einzelner doch Veränderungen mit sich bringen könne.

Wenn ihr es bis hierher geschafft habt und meinen ganzen Artikel gelesen habt, dann habt ihr echt starke Nerven. Vielleicht solltet ihr dann doch noch einmal Spider-Man 3 schauen und euch selbst ein Bild machen. Hier gibt’s die DVD:

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Bildmaterial: (c) 2007 Sony Pictures Home Entertainment

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