Wer will schon stundenlang auf französischen Mautautobahnen verbringen, wenn man auch entspannt mit dem Zug nach Paris fahren kann? Nach Jahren der Neugier haben Anna und ich endlich unsere erste TGV-Fahrt gewagt – und waren ziemlich begeistert. Fast jedenfalls. Denn wie das bei deutschen Bahnreisenden so ist, gab es natürlich erst mal einen Fehlstart.

Der Fehlstart: Manchmal hat man einfach Pech

Eigentlich wollten wir schon sechs Wochen früher fahren. Ticket gebucht, Vorfreude groß, Abendbrot geschmiert – und dann das: technischer Defekt an einem Bahnhof unterwegs. Schon in Stuttgart war Schluss, bevor es überhaupt losging. Das Problem war, dass wir den letzten TGV des Tages gebucht hatten. Bei einer Reise von Freitag bis Sonntag bringt der Umstieg auf einen Zug am nächsten Tag halt nichts.

Mehr als uns selbst hat uns eigentlich die französische Schülergruppe leid getan, die nur nach Hause wollte und nun noch eine Nacht in einem billigen Stuttgarter Hotel verbringen musste. Manchmal läuft es halt nicht nach Plan – aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude, auch wenn sie sechs Wochen länger dauert als geplant.

trains at the station
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Freitagabend ab Stuttgart: Endlich geht’s los

Beim zweiten Anlauf klappte dann alles: Freitagabend ab Stuttgart, Richtung Paris Est. Wir hatten uns für die erste Klasse entschieden – und das war definitiv die richtige Entscheidung. Die Wagen sind großzügig im 2:1-Schema bestuhlt, die Sitze unheimlich breit und lassen sich in eine halb-liegende Position bringen, ohne dass man der Hintermann oder -frau auf die Pelle rückt. Der Tisch bietet genug Platz für alles, was das Reiseherz begehrt.

Und natürlich hatten wir als gute deutsche Zugreisende unser Abendbrot dabei – komplett mit gekochten Eiern, damit das ganze Abteil etwas davon hat. Manche Traditionen muss man einfach pflegen.

Deutsche Gemütlichkeit trifft französische Effizienz

Was uns sofort positiv aufgefallen ist: die Ruhe im Zug. Telefonieren und laute Gespräche sind nur auf dem Gang erwünscht, und das gesamte Großraumabteil hat sich daran gehalten. Das Zugpersonal würde auch einschreiten, wenn sich jemand nicht daran hielte. Der Zug war auf der Hinfahrt halb leer und das war wirklich entspannt-

Auf der Rückfahrt war er dann ausgebucht, was etwas mehr Lärm mit sich brachte. Die spielenden Kinder waren wirklich zauberhaft, aber Reisegruppen im besten Alter, die sich lautstark über den größten Mist unterhalten haben, waren dann doch etwas nervig.

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Warum Deutschland langsam ist: Eine Lektion in Infrastruktur

Die Fahrtzeit hat uns zum Nachdenken gebracht: Knapp 3,5 Stunden insgesamt nach Paris. Das Verrückte daran: Für die ersten 100 Kilometer bis zur deutschen Grenze braucht man 1,5 Stunden. Deutschland-typisch fährt man noch auf denselben Gleisen wie der Regionalverkehr, hält in Karlsruhe und kommt einfach nicht richtig in Fahrt.

Für die restlichen 300 Kilometer braucht man dann nur noch 2 Stunden. Ab der französischen Grenze hält man nur noch einmal in Strasbourg und kann dann auf eigenen Schnellverkehrsgleisen ohne Hindernisse durchbrausen bis Paris.

Service an Bord: Französische Eleganz

Der Boardservice ist übrigens toll. Die Kooperation zwischen deutscher DB und französischer SNCF funktioniert wunderbar: Es gibt immer einen deutschen und einen französischen Zugbegleiter, beide sind entspannt, scherzen miteinander und sehr serviceorientiert. Man merkt richtig, dass hier Profis am Werk sind, die ihren Job gerne machen. Ein kleine Enttäuschung: Beim Boardservice am Platz gibt es zwar französische Köstlichkeiten (zu enormen Preisen), aber ausgerechnet die Weinauswahl hat man den Badischen (deutschen) Kooperationspartnern überlassen. Aber hey, Geschmacksache.

Ankunft in Paris: Das Hotel-Highlight zum Schmunzeln

In Paris Est angekommen, haben wir uns direkt in der Nähe ein billiges IBIS Budget Hotel gesucht. Und hier kam das Highlight des Abends – allerdings eher im humorigen Sinne: Wir checkten ein, bekamen Zimmer 10 und der grummelige Angestellte zeigte auf den Aufzug. Also rein in den Aufzug, Etage 1 – aber da waren nur Zimmer ab 70. Etage 2 dann ab 200. Zurück nach unten, nur um festzustellen, dass unser Zimmer im Erdgeschoss hinter der Rezeption lag.

Unser Zimmer im IBIS Budget Paris EST
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Wir hatten also nicht nur die völlig unnötige Info mit dem Aufzug bekommen, sondern wurden auch noch in die komplett falsche Richtung geschickt. Das Zimmer war dann so groß wie ein Schuhkarton. Ich bin 1,78m und Anna noch kleiner – das ging gerade so. Menschen, die auch nur wenige Zentimeter größer sind, würden mit den Füßen im Waschbecken schlafen. Doch zwei Nächte in der Stadt der Liebe kann man schon mal eng umschlungen auf einer winzigen Matratze verbringen.

Unsere Tipps für TGV-Neulinge

  • Bucht auf jeden Fall erste Klasse! Die paar Euro mehr (wenn man frühzeitig bucht) lohnen sich definitiv. Der Komfort-Unterschied ist enorm.
  • Tipp für die Buchung: Dort sollte man zwar unbedingt nach “günstigstes Angebot” sortieren, um die billigen vor den zeitlich günstigen Zügen angezeigt zu bekommen. Es kann aber trotzdem sein, dass es in dem Zug keine Reservierung mehr gibt und man einen anderen aussuchen muss. Lohnt sich, erst auf der Seite der französischen Bahngesellschaft zu recherchieren und dann über die DB zu buchen.
  • Schaut auf die Zugnummern! Die Strecke wird gemeinsam von französischer Bahn und DB betrieben. Es kann sein, dass ihr auch einfach einen ICE auf derselben Strecke bekommt – und die ICE4 sind deutlich weniger komfortabel als die TGV INOUI.

Das Reservierungs-Dilemma

Das einzige, was wirklich nervig ist: Man kann nur mit Reservierung buchen. Einerseits toll, da der Komfort besser ist und jeder garantiert einen Platz hat. Andererseits schwierig, denn wenn der eigene Zug ausfällt, bekommt man zu Stoßzeiten keinen Ersatzzug, weil alles reserviert ist. Wie wir ja schmerzhaft erfahren mussten.

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Rückreise: Französische Bahnhöfe funktionieren wie Flughäfen

Ein wichtiger Tipp für die Rückreise, den wir erst vor Ort gelernt haben: Französische Bahnhöfe funktionieren komplett anders als deutsche – eher wie Flughäfen. Während man bei der DB schon Monate vorher sehen kann, von welchem Gleis der Zug fährt (und das dann wenige Minuten vor Abfahrt geändert wird), planen die Franzosen weniger starr und lassen die Züge auf das Gleis fahren, was gerade frei ist. Das bringt weniger Wartezeiten für die Züge.

Aber es bringt auch mit sich, dass man am Bahnhof erst 20-30 Minuten vor Abfahrt das Gleis erfährt. Und dann sollte man auch direkt los! Denn viele französische Fernverkehrszüge schließen ihre Türen schon 15 Minuten vor Abfahrt. Also nicht zu lange beim Kaffee trödeln, wenn das Gleis bekannt gegeben wird.

Buchtipp für Paris mit kleinem Budget

Apropos Paris: Wer die Stadt mit kleinem Budget erkunden möchte, dem empfehlen wir das Buch “Mit 50 Euro durch…” aus dem GU-Verlag. Die Reiseexperten verraten ihre besten Tipps für Städtetage mit kleinem Budget. Kostenloser Kunstgenuss, versteckte Lokale ohne Touri-Aufschlag und Geheimtipps, die das Reisebudget schonen. Perfekt für alle, die mehr sehen wollen, ohne arm zu werden!

Unser Fazit: Definitiv eine Reise wert

Trotz des Fehlstarts beim ersten Versuch: Der TGV ist eine wunderbare Art, nach Paris zu reisen. Entspannt, komfortabel und mit einem Hauch französischer Eleganz. Und ganz ehrlich – die 3,5 Stunden vergehen wie im Flug, vor allem wenn man das Abendbrot nicht vergessen hat.

Paris, wir kommen wieder. Aber vielleicht suchen wir uns beim nächsten Mal ein etwas größeres Hotelzimmer… Was wir diesmal in Paris erlebt haben, lest ihr hier.

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