Also ich habe in meiner Zeit schon so einige merkwürdige Filme gesehen – Streifen von Terry Gilliam oder Lars von Trier, oder auch die früheren Werke von Darren Aronofsky oder Guillermo del Toro kommen spontan in den Sinn. Ich kann aber ohne jeglichen Zweifel sagen, dass die mit Abstand wahnwitzigsten Filme in meinem Katalog alle eines gemeinsam haben: Sie sind Produkte des ostasiatischen Kinos. Da die Sparte “Cine-Asia” leider außerhalb der Anime-Ecke nicht unglaublich viel Aufmerksamkeit erhält, möchte ich mir – nein, uns – hiermit einfach mal die Zeit nehmen, 5 der irrsten Kandidaten dieses Milieus unter die Lupe zu nehmen. Dies sind Filme, die euch das Hirn wegblasen werden, und das manchmal sogar im wortwörtlichen Sinn.
Why Don’t You Play in Hell? (地獄でなぜ悪い)
Den Anfang macht der jüngste Film dieser illustren Aufstellung. Das neueste Werk des japanischen Indie-Regisseurs Shion Sono, “Why Don’t You Play in Hell?”, lief im Jahr 2013 vereinzelt auf Festivals und hat erst im Herbst 2014 sein Debut in ausgewählten Kinos gehabt. Findige Amazon- und Ebay-Jäger können mit etwas Glück eventuell schon eine Import-DVD im Netz ausfindig machen, aber das breite Publikum wird sich für diese Perle noch etwas gedulden müssen.
So, aber worum geht’s überhaupt? Ganz einfach: Eine Zelle der Yakuza – der japanischen Mafia – sieht sich durch ungewöhnliche Umstände dazu gezwungen, innerhalb von kürzester Zeit mit der Hilfe einiger grünschnäbliger Filmemacher einen ganzen Spielfilm zu produzieren, in dem die Grenzen zwischen Filmrealität und Wirklichkeit, zwischen Echt- und Kunstblut, zwischen choreographierten Kampfszenen und Yakuza-Attentaten immer mehr verschwimmen. Der Film ist genau so unterhaltsam und abgedreht wie er blutig ist, verspricht aber für all diejenigen ein ziemlich unvergessliches Erlebnis zu werden, die mit überzogener Gewaltdarstellung keine Probleme haben.
Schaut hier den Trailer.
The Bird People in China (中国の鳥人)
So, schalten wir nach dem rasanten ersten Kandidaten erst einmal ein paar Gänge zurück und atmen mal tief durch. Lasst euch vom Titel dieses Films nicht irritieren: “The Bird People in China” ist ein japanischer Streifen aus den Händen der Filmlegende Takashi Miike. Dieser Film allerdings distanziert sich von der sonst so üblichen Brutalität, die Miikes Geschichten meist innewohnt, nimmt sich stattdessen Zeit zur Reflexion und erzählt dabei eine fast poetisch anmutende Story.
Ein japanischer Unternehmer wird für einen Job in die chinesischen Berge geschickt, um dort einen Deal abzuwickeln. Auf der Reise verwickelt er sich jedoch in einige unvorhergesehene Umstände, wodurch er sich schon bald in einem abgelegenen Bergdorf wiederfindet, dessen Bewohner ein außergewöhnliches Geheimnis bewahren. Tolle Landschaftsbilder, sympathische Charaktere und eine ziemlich ungewöhnliche Handlung machen diesen 1998er Streifen wirklich mehr als sehenswert.
Die DVD gibt’s inzwischen zudem zum äußersten Budget-Preis.
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I’m a Cyborg, but that’s OK (싸이보그지만괜찮아)
Nachdem wir in den mystischen Bergen Chinas Energie getankt haben, wandern wir mal rüber nach Südkorea. Vom koreanischen Superstar Park Chan-wook (dem wir beispielsweise das Meisterwerk “Oldboy” zu verdanken haben) kommt hier ein Film, der leider tief im Schatten der anderen Werke seines Schöpfers steht. Park, der eigentlich für seine mitunter äußerst tiefgründigen Action-Streifen bekannt ist, hat sich mit “I’m a Cyborg” unerwartet in das Genre der abgedreht-bunten Asia-Comedy-Romance vorgewagt – ein Unterfangen, das ihm meiner Meinung nach sehr gut geglückt ist, aber überzeugt euch selbst.
In einer frohmütigen Irrenanstalt, in der jeder Patient offenbar seine eigenen durch und durch absurden Probleme hat, trifft ein junger Mann auf eine junge Frau. Er ist in der Lage, anderen Insassen ihre Eigenheiten zu rauben und für sich selbst zu beanspruchen; sie wiederum ist fest davon überzeugt, ein technisch hoch ausgereifter Cyborg zu sein. Was sich daraus entwickelt ist eine äußerst liebreizende Liebesgeschichte, der es schon allein durch ihr Setting und die kreativen Nebenfiguren wirklich nicht an Verrücktheit mangelt.
Auch hier kriegt man das Exemplar für’s eigene Heimkino preislich so gut wie hinterhergeworfen.
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Audition (オーディション)
Über diesen Miike-Film gäbe es so viel zu sagen. Es gibt so viel Diskussionspotenzial. Man könnte ihn auf die unterschiedlichsten Weisen interpretieren. Es gibt so viel zu erklären…
Aber ich sage nichts weiter. Nicht etwa, um euch zu ärgern, sondern weil ich einer ganz festen Überzeugung bin: “Audition” ist so viel besser, je weniger man im Vorfeld über den Film weiß! Ich kann nur einen einzigen Tipp geben: Zwingt euch wenn nötig durch die erste Hälfte des Films, die zweite ist es allemal wert!
Selbst ein Verweis auf Amazon oder – Gott behüte – ein ganzer Trailer wären hier schon viel zu gefährlich für den Unterhaltungswert des Films. Lasst euch den Film auf einer unmarkierten DVD geben und überzeugt euch einfach selbst davon.
Survive Style 5+
Den krönenden Abschluss dieses kleinen Asien-Ausflugs bildet einer meiner ganz persönlichen Lieblingsfilme. Selten benutze ich das Prädikat “vollkommen bescheuert” in einer so überwältigend positiven Konnotation wie bei “Survive Style 5+”, einem der schrägsten, buntesten, witzigsten, merkwürdigsten, kreativsten und vor allem zitierwürdigsten Kunstwerke, die das Land der aufgehenden Sonne jemals hervorgebracht hat.
Ein Mann mit einem tragischen Mordplan und eine Frau, die einfach nicht tot bleiben will. Ein anmaßend arroganter Hypnotiseur und eine erfolglose Werbespot-Expertin. Eine gewöhnliche Vorstadt-Familie mit einem ungewöhnlichen Schicksal. Eine Bande jugendlicher Kleinkrimineller mit einer äußerst irritierenden sexuellen Spannung in ihrer Mitte. Und schließlich ein britischer Meuchelmörder mit seinem vollkommen deplazierten japanischen Simultanübersetzer. Fünf Handlungsstränge, die sich immer wieder treffen, überschneiden, ineinander verwickeln und wieder auseinander fliegen – das Resultat ist ein surreales Filmerlebnis, dessen viele abgefahrene Schlüsselszenen dem Zuschauer noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Macht sich im Übrigen besonders gut zu Weihnachten!
(Geheimtipp: Für die maximale Unterhaltung, schaut euch, wenn ihr mit “Survive Style 5+” fertig seid, sofort danach Takeshi Kitanos 2003-Remake von “Zatoichi” an, um einen Großteil der gleichen Darsteller in plötzlich vollkommen gegensätzlichen Rollen wiederzufinden!)
Und wie immer, die DVD gibt’s für ‘n Appel und ‘n Ei auf Amazon.
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